Lübecker Brauereigeschichte

In den Anfängen der lübecker Braukunst braute jeder Haushalt für seinen eigenen Bedarf. Es war ein Bürgerrecht, Bier brauen zu dürfen. Und da sowieso nur eine Minorität der Bürger, die über ein geeignetes Haus und die erforderlichen Einrichtungen verfügten, von diesem Recht gebrauch machte, war eine Einschränkung dieses Braurechtes bis ins 14te Jahrhundert nicht nötig.

Das wurde mit der Verordnung von 1363 anders. Im Laufe der Jahrzehnte kristallisierten sich die gewerblichen Brauer heraus. Man merkte, daß ein Gebräu das in größeren Kesseln gebraut wurde und längere Zeit lagerte, besser gelang als das in kleinen Hausbrauereien der Fall war. Mitte des 14ten Jahrhunderts stellten die gewerblichen Brauer eine Eingabe zwecks der Verleihung der Kooperationsrechte an den Rat mit der Begründung, daß es wohl besser und im Interesse der Allgemeinheit sei, wenn eine korporelle Organisation Zwangsgewalt über die Mitglieder hat, als wenn jeder Brauer seinen eigenen Weg beschreitet. Die Brauer wollten im Gegensatz zu den Handwerkern kein Amt sondern eine Verbindung wie die Kaufleute bilden. Dieses wurde aber nur den Rothbierbrauern, diesen aber auch erst nach 25 Jahren, zugestanden. Nach der Verordnung von 1363 mußten sie ein Amt bilden und vier Älterleute wählen, die die Brauerzunft, so hieß die Vereinigung fortan, im Gegensatz zu den übrigen Handwerkern, die sich Ämter nannten, gegenüber dem Rat der Hansestadt Lübeck vertraten. In der bereits erwähnten 2ten Brauordnung von 1388 bekamen die Rothbierbrauer die schon 1363 erbetene kaufmännische Organisation. Das von ihnen eingebraute Bier war stärker als das Pfennigbier und Stophbier welches die Weißbierbrauer herstellten und eignete sich wegen des höheren Alkoholgehaltes gut für den Export. Das Exportbier mußte lange haltbar sein, um die langen Schiffsreisen z.B. bis nach Riga, Bergen, Holland und Flandern zu überstehen. Neben dem hohen Alkoholgehalt, der eine desinfizierende Wirkung hat, war das Exportbier auch stark mit Hopfen versehen, der der Haltbarkeit förderlich ist. So wird der Hopfenanbau auf lübecker Gebiet bereits Anfang des 13ten Jahrhunderts erwähnt. Bis auf das Grutbier wurden alle Biere gehopft. Den Stellenwert des Hopfens bereits im 14ten Jahrhundert bezeugt eine aus der ersten Hälfte des 14ten Jahrhunderts stammende Hopfenverordnung, nach der die Brauer Vorkaufsrecht besaßen. Im 15ten Jahrhundert durften die Kaufleute erst einkaufen, wenn der Hopfen zwei Tage lang den Stadtbrauern auf dem Markt zur Verfügung stand. Der Hopfenanbau endete in Lübeck im 17ten Jahrhundert.

Um 1500 trat im lübecker Brauwesen eine einschneidende Veränderung ein. Bisher wurde fast nur das dunkele Rothbier gebraut. Der Trend ging aber immer mehr zum hellen Bier, sodaß das helle Hamburger Bier immer mehr importiert wurde. Der Brauer Hans Frille in der Fischergrube war der erste, dem es gelang ein helles Bier nach Hamburger Art zu brauen, welches allgemeine Anerkennung fand und fortan Frillenbier genannt wurde. Die Zahl der Weißbierbrauer stieg stark an, sodaß sie 1530, also 167 Jahre nach den Rothbierbrauern, eine eigene Zunft bildeten. Ab 1620 brauten die jetzt arg gebeutelten Rothbierbrauer auch Weißbier und nannten es Bleichbier, denn Weißbier durften eigentlich nur die Weißbierbrauer brauen. Es gab zu dieser Zeit 173 Brauhäuser in Lübeck. Der Konkurenzkampf war enorm groß. Man legte beide Zünfte 1669 wieder zusammen und führte 1672 die Reihebrauverordnung ein. Diese sicherte bis zum Jahre 1865 jedem Brauer seinen Absatz. Es wurden 4 Quartale gebildet, jedes mit 40 bis 45 Brauereien. Wenn Brauer 1 das letzte Lagerfaß angestochen hatte, durfte Brauer 2 sein Bier einbrauen. Wenn der letzte Brauer an der Reihe war, fing man wieder von vorne an. Verständlich, daß kein Brauer mehr großes Interesse an der Bierqualität hatte. Wenn das Gebräu nicht gänzlich ungenießbar war und die Bierprüfung nicht bestand, wurde es verkauft. Es gab ja kein anderes Lübecker Bier.

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