2012
Bericht einer Kaviarverkostung im Künstlergarten Iktomia
Bei strahlendem Sonnenschein hatten wir vom Osnabrücker Convivium hohen Besuch vom Alfred-Wegener–Institut, Bremerhaven. Mit der Meeresbiologin Frau Professor Dr. Angela Köhler erfuhren wir mit allen Sinnen etwas über Störe und den Kaviar, der ausschließlich vom Stör gewonnen wird. Im Garten von Volker Johannes Trieb leben 3 Störe, wobei erwähnt wurde, dass männliche Tiere meist als Zierfische verkauft werden und mit gemeinem Fischfutter ernährt werden. Im Vortrag erzählte uns Frau Köhler, dass die Störpopulation weltweit zusammen-gebrochen ist. Von 30.000t jährlich in den 70iger Jahren auf heute 3.000t jährlich. Einen kleinen Ausgleich gibt es heute durch Aquakulturen, deren Beginn Mitte der 80iger Jahre liegt.
Die meisten Störe werden zwischen einem und drei Meter lang, Ausnahmen werden 5 Meter, z.B. der europäische Stör, der Hausen (Beluga) oder der weiße Stör. Der Name Stör, althochdeutsch stôr, altnordisch stór „groß“, leitet sich von dieser Art ab.
Alle 27 Störarten stehen seit 1998 unter dem Schutz von CITES (Convention on International Trade in Endangered Species) und sind vom Aussterben bedroht.
Was sind die Merkmale von gutem Kaviar?
Geprüft wird Aussehen, Geruch, Geschmack und Textur:
Es gibt die Salzung malossol= bis zu 5%, 3,2-4,0% Salz = ideal und “Normal gesalzen” = ca 7 %. Das ist zu salzig!
Als Konservierungsstoffe wird Borax/ Natriumtetraborat (E285) und Pasteurisierung genutzt. Borax ist ein Mineral, das giftig ist und Anwendung in Seife, Wasserenthärtern, Waschmitteln, Desinfektions-, Putz- und Bleichmitteln sowie in Insektiziden (bei Ameisenfallen) eingesetzt wird. Es ist ein vorbeugendes Holzschutzmittel gegen Schimmel und Insekten und wird bei Flammschutzmitteln genutzt. Im Lebensmittelbereich ist es für Kaviar erlaubt. E 285 !!!
Hier nun optische Beispiele für nicht guten und guten Kaviar:
Als weiteres gibt es folgende Verpackungsarten:
* klassische Metalldosen: eventuell Rost, Metallgeschmack
* Kaviardosen aus Weissblech: Gefahr von Rost
* Aluminiumdosen: Vakuumdosen oder Ringpulldosen
Kaviar wird auch unter folgenden Namen verkauft:
* Seehasenrogen
* Forellen und Lachskaviar
* Heringskaviar aus Fischfilet
* Algenkaviar
* Kunstkaviar = Gelatine
Echter Kaviar ist immer vom Stör und von keiner anderen Fischart.
Wir verkosteten nun Kaviar vom Stör Acipenser baerii:
Das ist der sibirische Stör. Sibirische Störe ernähren sich vorwiegend von bodenlebenden Tieren, vor allem von Krebstieren und Zuckmückenlarven. Die Männchen werden geschlechtsreif mit 11 bis 24 Jahren, die Weibchen mit 20 bis 28 Jahren. (außer bei der Population in der Lena, wo die Geschlechtsreife eher erreicht wird).
Zum Laichen wandert ein Teil der Fische bis zu 3000 Kilometer flussaufwärts, während andere Tiere zur Fortpflanzung nicht wandern. Die Laichwanderung beginnt im Herbst, während die Eiablage von Mai bis Juni stattfindet. Die Eier werden auf Kies- oder Sandboden in stark strömenden Bereichen des Hauptstroms abgelegt. Männchen pflanzen sich alle zwei bis drei, Weibchen alle drei bis fünf Jahre fort. Sibirische Störe können ein Alter von etwa 60 Jahren erreichen. Sie leben in Gewässern, die auch eine Wassertemperatur von nur mal 0° C haben können.
Nach einer verstörenden Besichtigung einer Farm im Iran entwickelte Frau Köhler im Rahmen eines Forschungsprojektes ein Verfahren der nachhaltigen Kaviar-gewinnung. Nach dem von ihr ent-wickelten Verfahren wird der Stör „geerntet“ und nicht geschlachtet. Ein-, zwei- oder dreijährige Weibchen werden auf den Rücken gelegt und ausgestrichen. Das dauert ein paar Minuten und dann wird ovulierter“ reifer Kaviar gewonnen, der absolut sauber und ohne einem Netz aus Blutgefäßen und Follikelzellen ist. Er ist deshalb auch erheblich länger frisch.
Konventioneller durch Schlachtung gewonnener Kaviar ist dagegen unreif und mit einem Netz aus Blutgefäßen und Follikelzellen bedeckt. Bei Wildfängen ist zudem das Alter und der Gesundheitszustand des Fisches unklar.
Auf der Slow Fisch in Bremen stellte Frau Köhler in 2012 die Ergebnisse dieses Projektes vor. Diese Kaviarproduktion ist durch Patente geschützt.
Nun haben wir diesen dem Raubbau Einhalt gebietenden, nachhaltig gewonnen Kaviar von einem einjährigen Weibchen, den sogenannten „Primo“ und den Kaviar von einem dreijährigen Weibchen, den sogenannten „Molto“ mit kleinen Kartöffelchen und Crème fraîche und Baguette verkostet.
Den Kaviar kann man auch wunderbar auf Kartoffelstampf servieren, oder einem Fischfilet, auf Jacobsmuscheln oder Rührei. Dieser Kaviar hat kein schwarzes Auslaken.
Ein weiterer Hochgenuss des Nach-mittages waren die Getränke. Der Önologe Tim Riemann hatte einen Entre-Deux-Mers Cheval Quancard, AOC Entre-Deux-Mers aus Frankreich von 2011 mitgebracht. Dieser Wein mundete hervorragend zu dem Kaviar. Russischer Wodka und zwar Kremlin Wodka, 40% dufte nicht fehlen. Die hierzulande weitgehend unbekannte Wodka-Marke ist in Russland offizieller Lieferant des Staatsitzes des russischen Präsidenten sowie der russischen Regierung. Spezielle Weizensorten für Kremlin Award werden nach dem Brennvorgang über Marmor gefiltert und es entsteht ein Getränk, das ein hervorragendes Aroma in der Nase verbreitet und äußerst sanft im Abgang ist. Dieses Getränk begeisterte so gar nicht Spirituosen-Trinker.
Schließlich durfte ein Champagner nicht fehlen. Herr Riemann hatte den Champagner Mailly Grand Cru Brut Reserve ausgesucht.
Von den 324 Champagnerlagen dürfen sich lediglich 17 als Grand Cru bezeichnen. In der Champagne haben Fachleute diese Klassifizierung festgelegt. 7 der 17 Grand Cru Lagen hält alleine Mailly Grand Cru. Das Haus Mailly Grand Cru, gegründet im Jahre 1929 verarbeitet nur Grand Cru Trauben aus eigener Lese, die ausschließlich vom eigenen Weinberg stammen. Auf der nördlichen Seite des “Montagne de Reims” befinden sich die gesamten 70 ha von Mailly im Grand Cru Gebiet. Ein außergewöhnlicher und beinahe einmaliger Fall in der Champagne.