Zu Besuch auf dem Biohof Bursch

Unsere Slowfood Unterstützer stellen sich vor - Folge 02

Der Biohof Bursch in Bornheim

Der Hof Bursch umfasst 55 Hektar Ackerflächen. Damit ist der Biohof der größte Demeter-Gemüsehof in Nordrhein-Westfalen. Schon seit 1964 wird der Hof als Biohof bewirtschaftet und ist damit einer der ältesten in Deutschland. Zunächst als Bioland-Hof geführt, wurde er 2017 zum Demeter-Hof. 150 Mitarbeitende setzen, jäten und ernten hier die 85 verschiedenen Gemüsesorten und Kräuter. Oder sie arbeiten im gut sortierten Hofladen, dem Bistro oder an einem der 16 Marktstände zwischen Leverkusen im Norden und Bonn-Bad-Godesberg im Süden. Neu hinzugekommen in diesem Jahr: die Knauber-Feinkostmeile, Endenich.

Pionier in Sachen Bio – Der Biohof Bursch

Hühner - BurschEs ist ein Vormittag im Mai. Im Hofladen herrscht schon Betrieb, in der Cafeteria sitzen einige Gäste bei Cappuccino und Kaffee. Die Plätze auf der Terrasse sind noch unbesetzt. Allein die Hühner scharen sich um die Hähne und gucken neugierig durch den Zaun.

„Alles Demeter-Hühner“,

informiert uns Lothar Tolksdorf mit einer Mischung aus Stolz und Ungeduld. Denn eigentlich will er uns das Herz des Demeter-Hofs Bursch zeigen. Und das ist das Gemüse.

 Renate Bursch und ihr Bruder Heinz sind stolz darauf, dass der Biohof bereits in der dritten Generation in Familienhänden ist. Denn Heinz‘ Tochter Eva Bursch, arbeitet bereits auf dem Hof. Ihr Bruder, Paul, studiert noch in Aachen Betriebswirtschaftslehre und will danach auch dazustoßen.

Gehen wir doch zum Gemüse!

Lothar Tolksdorf, der auf dem Hof für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, nimmt Thomas Großmann und mich mit zu den Feldern. Erste Station ist das Spargelfeld, eine Langzeitkultur des Hofes, denn der Spargel braucht drei Jahre, bevor er das erste Mal, dann aber sechs bis sieben Jahre lang gestochen werden kann. Ansonsten sind alle Felder einer dauernden Rotation unterlegen: Jedes Jahr wechseln die einjährigen Pflanzen. Ein Drittel der Felder bleibt der Gründüngung vorbehalten. Das ist Demeter-Vorschrift. Warum, erfahren wir später. Am Spargelfeld angekommen, verkosten wir den grünen Spargel, direkt vom Feld.

SpargelverkostungWarum er grün ist und nicht weiß? Weil die Photosynthese einsetzt, sobald der Spargelspross sich die 80 bis 90 Zentimeter zum Licht vorgearbeitet hat. Beim weißen Spargel wird der Spross abgedeckt und bleibt damit farblos.

Spargelverkostung auf dem Feld: Lothar Tolksdorf, verantwortlich für die Hofführungen, Slowfood-Vorsitzender des Conviviums Bonn, Thomas Grossmann, und Maik Cibura.

Der Spargel schmeckt nussig, knackig, intensiv. Der inzwischen zertifizierte und als Warenzeichen geschützte „Bornheimer Spargel“, profitiert von den nährstoffreichen Böden des Vorgebirges und ist daher kräftiger im Geschmack als andere Sorten.

„Die Lößböden des Vorgebirges sind eigentlich viel zu reichhaltig für Spargel, 
der gerne in sandhaltigem Boden wächst“,

 erläutert Tolksdorf.

„Wir haben hier eine extrem gute Bodenqualität mit 95 Bodenpunkten.“

 Daher der Geschmack. Die Ausweitung des Pflanzensortiments geht mit den Demeter-Vorschriften d‘accord:

„Das ist Biodiversität und Anpassung an den Klimawandel“,

so Tolksdorf. Inzwischen werden auf dem Biohof Bursch auch Ingwer, Süßkartoffeln, Pak Choi und Kurkuma angebaut, während die Salatgurke, der Fenchel und bald auch der Blumenkohl weichen mussten:

„Der Gurke ist es zu heiß, der Blumenkohl braucht in der Hitze zu viel Wasser.“

Stattdessen gibt es bald Olive und Granatapfel auf dem Hof? Tolksdorf legt sich nicht fest.

Pionier der Biolandwirtschaft

 Als ihre Mutter, Margarete Bursch mit ihrem jüngeren Bruder Heinz schwanger war, stellte Heinrich Bursch seine Landwirtschaft auf Biobetrieb um.

„Er war ein Vorreiter“,

erinnert sich die damals zehnjährige Renate Bursch lebhaft.

„Meine Mutter vertrug bestimmtes, besonders rohes Gemüse nicht, was schließlich der Auslöser für meinen Vater war, mit der Umstellung auf Bio ernst zu machen, und er begann mit dem Kartoffelanbau.“

Ein zweiter Auslöser war der Austausch mit seinem Lehrer aus der Landwirtschaftsschule, der öfter bei Burschs auf dem Hof war. 

„Er sagte zu meinem Vater: ‚Die Zukunft ist diese Landwirtschaft mit Insektiziden und Herbiziden nicht. Da muss etwas anderes kommen.‘ Auch er war seiner Zeit weit voraus.“

Heinrich Bursch suchte sich also mühsam Informationen über den Bio-Landbau zusammen, die damals nicht – wie heute – nur einen Mausklick entfernt waren: Er sprach mit Demeter-Betrieben, studierte Rudolf Steiners Schriften und den Mondkalender nach Maria Thun und die Wochenendfahrten führten zu Biohöfen, um mehr über den Bioanbau zu erfahren.

Die Akzeptanz bei den Berufskollegen war alles andere als selbstverständlich, und dass er 20 Jahre später 1990 als Pionier der Biolandwirtschaft mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und sein Hof 2022 als bester Bio-Hof Deutschlands ausgezeichnet würde, konnte sich damals niemand vorstellen.

Der erste große Schritt dazu war die Flurbereinigung in den 1960er Jahren. Sie war einfach notwendig geworden, weil die Parzellen durch die Erbfolge immer kleiner geworden waren.

„Mitten in unserem großen Garten lag zum Beispiel ein Flurstück eines Nachbarn. Um dorthin zu kommen, musste er immer durch unseren Garten. Es gibt ein Foto, auf dem sitzen der Nachbar und mein Großvater zusammen auf der Bank und erzählen. Das waren noch ganz andere Zeiten als heute“,

schwelgt Bursch ein wenig wehmütig in Kindheitserinnerungen.

Nachdem Heinrich Bursch zwei große zusammenhängende Parzellen bekommen hatte, stellte er 1964 auf Bio-Landwirtschaft um. Da im Laufe der Zeit immer mehr Höfe die Landwirtschaft aufgaben, konnte er auch Ackerflächen dazu pachten. Der Hof wuchs und mit ihm auch die Kundschaft. Schon bald versperrten die Bio-Kunden an den Wochenenden zum Hofverkauf die Straßen rund um den alteingesessenen Hof. In den 1980er Jahren zog der Hof deshalb aus dem Dorf an den Ortsrand in den Weidenpeschweg 31, wo dann 1985 Sohn Heinz den Betrieb übernahm und bis heute führt.

Der Dünger wächst auf dem Feld

Vom Spargelfeld geht’s zur Gründüngung. Ein Drittel der Ackerflächen ist immer mit Gründüngung eingesät. Eine der vielen Gründüngungsmischungen ist aus Wicken und Hafer zusammengesetzt. Die Wicken brauchen die starren Getreidehalme, um sich daran festzuranken, während unter der Erde bester Dünger entsteht. Tolksdorf holt einen Spaten.

 DüngerDer Dünger entsteht durch eine Symbiose von Wicken und Knöllchenbakterien.

 Die Wicken, Leguminosen, gehen eine Symbiose mit den Knöllchenbakterien im Boden ein. Diese binden den Stickstoff aus der Luft. So beginnt das Tauschgeschäft: Die Wicke erhält Stickstoff zum Wachsen, die Bakterien bekommen Wasser und organische Stoffe von der Pflanze. Auf dem Acker wächst also bester Dünger. Im Sommer wird gemäht. Nachdem die Gründüngung angerottet ist, wird sie oberflächlich eingearbeitet und später noch einmal umgesetzt. Der Boden ist locker und bestens gedüngt für die nächsten Anpflanzungen.

FassDas Fass fehlt auf keinem Demeter-Hof. Hier werden die Präparate gerührt, um die Pflanzen und den Boden zu „impfen“.

 


BuchDas Buch über die Auswirkung des Sternenstands auf das Wachstum der Pflanzen:

 „Das Spannende ist, dass es funktioniert“,

berichtet Tolksdorf.

Wir wenden das Wissen besonders beim Filderkohl an. 60 Tonnen davon verarbeiten wir hier zu Sauerkraut. Wenn wir zur richtigen Zeit pflanzen und ernten, ist der Kohl saftiger und das Stampfen geht einfacher und schneller.“

Zum festen Bestandteil der Arbeit nach Demeterregeln gehört ebenfalls das Rühren der Präparate. So wird etwa immer zu Ostern auf allen Flächen das Hornmist- mit dem Fladenpräparat eingesetzt.

Erntehelfer bleiben eine Hofsaison - oder ganz

Dafür, dass die Pflanzen rechtzeitig in den Boden kommen und geerntet werden, sorgt ein Team von 30 bis 35 Erntehelfern. Die meisten stammen aus Rumänien, und viele von ihnen arbeiten schon jahrelang für Bio und Bursch und einige sind auch ganz übergesiedelt nach Bornheim, wo sie jetzt wohnen.

Wir möchten, dass diese Leute immer wieder zu uns kommen. Wir sind nicht ein Hof, der nur Möhren anbaut. Wir haben so viele verschiedene Produkte, dass unsere Mitarbeiter genau wissen müssen, wie sie Tomaten ausgeizen, Bohnen setzen oder das Beikraut jäten und nicht etwa die Jungpflanze herausziehen.“

„Wir haben wenig Feinde. Unser größter Feind ist das Unkraut“ …

… deshalb ist es umso wichtiger, dass die Jungpflanze gesund und kräftig ist und möglichst einen Wachstumsvorsprung vor den Beikräutern hat. Dies wird durch die Behandlung mit Mikroorganismen unterstützt. Tolksdorf erklärt, dass das Gros der Bakterien Opportunisten sind. Während ca. fünf Prozent der Bakterien – zum Beispiel auf unserer Haut – degenerativ und fünf Prozent regenerativ sind, ist die große Masse neutral. Sobald jedoch eine der Bakterien-Sorten die Oberhand gewinnt, schlagen sich die neutralen 90 Prozent der Bakterien entweder zu den gutartigen oder destruktiven Bakterien. Mit der Behandlung durch Mikroorganismen wird das positive Lager gestärkt und die Pflanze profitiert durch geballte Bakterienunterstützung. Das Ergebnis: gesunde, starke Pflanzen, denen das Beikraut nichts anhaben kann. Das drückt sich in einer besseren Ernte aus wie z.B. beim Feldsalat.

 JungpflanzenJungpflanzenMikroorganismen machen die Jungpflanzen stark.

 

 



Wenn sich dennoch Beikräuter durchsetzen, hilft seit neuestem eine digital gesteuerte Jätemaschine.

„Was zehn Leute an einem Tag jäten, schafft die Maschine in zwei Stunden“.

Gesundes Ambiente für die Jüngsten

Renate Bursch schaut nach draußen. Leider musste sie vor einem Jahr mit ihrem Büro der gemütlichen „Guten Stube“ weichen.

„Das ist nicht leichtgefallen, denn von meinem Schreibtisch aus konnte ich abends die wunderbaren Sonnenuntergänge über unseren Feldern genießen.“

 TischRenate Bursch mit Thomas Grossmann und Lothar Tolksdorf am „Slowfood-Tisch“.

 




Vor der Terrasse auf der Wiese haben sich junge Mütter und Väter mit ihren Kindern niedergelassen. Auf der Decke in der Mitte des Kreises krabbeln die Jüngsten.

„Das ist so herrlich. Der Hof lebt. Es ist so wichtig, dass wir besonders die junge Generation an die Bio-Landwirtschaft und gesundes Obst und Gemüse heranführen“,

sagt sie. Angedacht sind Kochkurse für Kinder.

„Damit die Kinder lernen, dass es andere Dinge als Junkfood gibt, Slowfood eben.“

Die Idee von Slowfood unterstützt der Biohof Bursch schon seit 23 Jahren.

„Wir stehen voll hinter den Werten von Slowfood – Nachhaltigkeit, biologisch erzeugtes Gemüse und Obst, Regionalität und Saisonalität. Landwirtschaft mit der Natur, nicht gegen sie.“

Deshalb wird auch gekocht auf dem Hof: Der Kuchen fürs Bistro ist selbstgebacken, das Mittagessen frisch gekocht.

„Das hat sich entwickelt. Zuerst haben wir uns gefragt, was machen wir mit den Produkten, die übrig sind? Dann kamen wir auf die Idee: Wir kochen es ein. Das hat man früher auch so gemacht. Zunächst gab’s die Kartoffelsuppe, dann die Tomatensuppe, Fruchtaufstriche kamen dazu, um unsere Erdbeeren und anderes Obst zu verwerten, oder Gemüse und Kräuter für unsere Pestos und Chutneys. Alles, was unsere beiden Köche kreieren, ist im Hofladen und an unseren Marktständen inzwischen sehr gefragt.“

Hat Bio eine Zukunft?

Renate BurschRenate Bursch antwortet spontan:

 „Ja! Mein Mann und ich setzen uns gerne hier an diesen Tisch zum Mittagessen. Und dann sehen wir die Gäste im Bistro. Es kommen viele 30-Jährige, Gruppen von jungen Frauen und Männern und Familien. Ich glaube, das Ernährungsbewusstsein ändert sich. Die Generation, die jetzt nachkommt, schätzt Bio.“

Da verbinden sich unsere Ziele, die von Slowfood und unserem Unterstützter Biohof Bursch.

„Auch wir wollen junge Leute für unsere Idee der Nachhaltigkeit und der verantwortungsbewussten Ernährung begeistern“,

stimmt Grossmann zu.

„Und dabei können wir uns gegenseitig unterstützen.“

Vielleicht beim nächsten Koch-Event von Slowfood oder beim Sauerkrautstampfen auf dem Biohof Bursch.

 

An diesen Marktständen finden Sie Produkte des Biohof Burschs in Bonn:

Ökomarkt Bonn Zentrum; Martinsplatz

Mittwoch und Samstag

8-14 h

Ökomarkt Bad Godesberg; Moltkeplatz

Freitag

8-13 h

Endenich, Knauber-Feinkostmeile; Endenicher Str. 120

Montag- Samstag

9-18 h

 

© Text von Anne Sengpiel über Besuch von Anne Sengpiel & Thomas Großmann auf dem Biohof Bursch


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