Grossmarktbesuch (07/09)

Großmarkt Nürnberg

Blick auf die Arche
Freitag, 10.07.2009; als sich um 5:00 Uhr morgens das penetrante Piepen des Weckers unerbittlich in meinen Gehörgang bohrt, überlege ich kurzfristig, ob es wirklich gut war, sich für die heutige Veranstaltung anzumelden. Aber dann denke ich mir: Die Leute auf dem Großmarkt arbeiten wahrscheinlich schon seit mindestens 2 Stunden, da werde ich das Aufstehen wohl auch schaffen.
 
Eineinviertel Stunden später stehe ich dann mit 17 weiteren, erstaunlich lebendigen Frühaufstehern vor dem Eingang des Großmarktes. Das rege Treiben dort lässt sich schon von weitem erahnen. Der Leiter der Dienststelle Marktamt und Landwirtschaftsbehörde, Herr Helmut Nordhardt, empfängt uns mit freundlichen Worten und erzählt zu Beginn über Geschichte und Daten des Marktes, der dieses Jahr übrigens 50jähriges Bestehen feiert. Ihm zu Seite steht der Chef der Marktaufsicht, Herr Richter – beide werden uns in den nächsten dreieinhalb Stunden über das weitläufige Gelände führen, uns viele interessante Menschen vorstellen, Abläufe erläutern und die einzigartige Atmosphäre des geschäftigen Treibens schnuppern lassen. Begleitet hat uns noch Frau Susanne von Goessel-Steinmann. Sie ist Kulturhistorikerin und arbeitet regelmäßig mit dem Marktamt anlässlich der jährlichen historischen Ausstellung zum Thema "Weihnachten in Nürnberg" zusammen. Ein weiterer (Überraschungs-)Gast ist Herr Michael Weber, Städtischer Verkehrsdirektor und Geschäftsführer der Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg.
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Wir beginnen unseren Rundgang beim „Platzhirsch“ des Marktes, der Firma Kupfer & Sohn, mit 8.900 Quadratmetern eindeutig das größte Unternehmen vor Ort. Von hier aus werden Discounter, Lebensmitteleinzelhandel, Großhandel und andere Großabnehmer (aber nicht nur solche) versorgt. Die Firma betreibt auch europaweit mit Waren Handel, die nicht über Nürnberg laufen. Die gewaltigen Hallen, die Fülle an Obst und Gemüse, der logistische Aufwand verschlägt uns den Atem (und nicht nur weil ca. 4325 qm der Fläche gut gekühlt sind). Bei Kupfer & Sohn gibt es auch die einzige Bananen-Reifeanlage, die wir natürlich sehen dürfen. In mehreren Räumen, welche jeweils den Inhalt eines kompletten Großraum LKW fassen, werden die grün geernteten und angelieferten Bananen in einem speziellen Verfahren, je nach Kundenwunsch, zur entsprechenden Gelbstufe gereift. Die Reifekapazität beträgt 30.000 Karton Bananen pro Woche!
 
Da ist der anschließende Besuch bei Herrn Peter Link ein echtes Kontrastprogramm: Wir kommen nämlich nun zu den Hallen der Knoblauchsländer Erzeuger. Dort ist es im Vergleich zu eben direkt gemütlich und natürlich um einiges regionaler. Neben vielen eigenen und regionalen Produkten werden zwar auch Exoten gehandelt, doch alles ist greifbarer und vertrauter (und entspricht etwas mehr unserer Philosophie). Der Einzelkunde steht hier natürlich stärker im Mittelpunkt (die Familie Link betreibt übrigens auch einen eigenen Hofladen in Buch). Wir haben für unseren Besuch wahrlich eine tolle Jahreszeit erwischt, denn das Angebot an Obst und Gemüse ist überwältigend und die vielen Kisten, gefüllt mit allerlei Köstlichkeiten, lachen uns an und ich bin mehrmals versucht .... zuzugreifen und zu probieren (habe ich natürlich nicht getan – großes Ehrenwort!)
Feierliche Eröffnung
Wir werden alle immer mehr in den Bann dieser zwar umtriebigen aber doch familiären Atmosphäre gezogen. Jeder kennt hier jeden, es herrscht ein sympathischer Umgangston und alle erzählen begeistert und engagiert von ihrer Arbeit – vermutlich auch, weil sie in uns wirklich interessierte Zuhörer und gute Lebensmittel schätzende Menschen vor sich haben.
 
Dies erleben wir auch noch an weiteren Stellen: Unser Besuch bei Roy's, dem einzigen Bio-Großhändler auf dem Großmarkt zum Beispiel. Inhaber und Geschäftsführer Roy Zylka begeistert uns mit seinen Ansichten, seiner Geschäftsphilosophie und natürlich auch mit seinen Produkten. Es entwickeln sich rege Diskussionen zum Thema Bio, Großhandel und vieles mehr. „Roy“ betreibt mittlerweile auch einen eigenen Laden in der Wallensteinstraße, wobei dies eher als Liebhaberei zu betrachten ist. Sein Hauptstandbein ist natürlich der Bio-Großhandel mit Obst und Gemüse (und etwas Wein), der seiner Aussage nach weiter steigende Zuwachsraten zu verzeichnen hat. Zum Abschluss dürfen wir uns noch eine der (inhaltlich) farbenfrohen Schalen mitnehmen, die mit sieben verschiedenen Tomatensorten gefüllt sind. Zwischendurch bedauert mittlerweile jeder von uns, dass man nur als gewerblicher Kunde auf dem Großmarkt einkaufen darf. Der Marktaufsichtschef Herr Richter meint spitzbübisch dazu: Wer sich als Privatkunde erwischen lässt, zahlt 35,00 € Bußgeld (das ist tatsächlich so).
 
Offiziell einkaufen darf man allerdings (wenn man zuvor an der Pforte einen entsprechenden Schein gelöst hat) in der 1996 entstandenen Fleischhalle. Zehn Betriebe verarbeiten jährlich 8 000 Tonnen Frischfleisch jeglicher Art. Spezialwünsche (z.B. auch spezielle „Schnitte“) werden dort ebenfalls erfüllt und so zählt neben Großverbrauchern durchaus auch mancher Spitzengastronom zu den Kunden, wie wir von Herrn Thomas Funk, dem Geschäftsführer der ansässigen Firma Zwingel und der Fleischmarkt Nürnberg GmbH erfahren.
 
An dieser Stelle macht sich das Hungergefühl (zumindest bei mir) immer stärker bemerkbar und so sind wir gar nicht unglücklich, als uns Herr Nordhardt im Namen des Marktamtes zu einem kleinen Imbiss bei der Firma Zöllner einlädt. Wenn man so früh aufsteht und „arbeitet“ geht auch um 9:30 Uhr schon eine deftige Leberkässemmel ganz locker rein...
 
Gehandelt werden auf dem Großmarkt übrigens auch Blumen und Pflanzen und die Besichtigung einer der Hallen ließ das Herz der Gartenfreunde in unserer Gruppe höher schlagen (es waren aber auch wirklich einige sehr schöne und interessante Blumen zu sehen, wobei ich mich mal kurzzeitig am Duft des Lavendels berauschte).
 
So, und um die gesamte Palette von Betriebsgrößen zu vervollständigen, statteten wir noch der Traditionsfirma Burger (gibt es bereits seit 80 Jahren)einen Besuch ab, welche von den mittleren Betrieben wiederum zu den größeren gehört und auch ein sogenanntes „Vollsortiment“ an Obst und Gemüse anbietet. Auch hier wieder das gleiche Bild: Zahlreiche üppig und bunt gefüllte Kisten mit Appetit anregendem Inhalt, unglaublich nette und sympathische Menschen (von jung bis alt), die den Eindruck erweckten, dass ihnen ihre so früh beginnende, anstrengende und viele Tages- und Nachtstunden in Anspruch nehmende Arbeit Spaß macht.
 
Es war ein wirklich absolut spannender Tagesbeginn für uns alle und wir haben die Atmosphäre außerordentlich genossen. Dank der perfekten Organisation und Führung der Herren Nordhardt und Richter und durch die schönen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, durften wir bleibende Eindrücke (und „bußgeldfreie“ Tomaten) mit nach Hause nehmen. Wir möchten uns bei allen ganz ganz herzlich dafür Bedanken und ich bin rückblickend wirklich froh, heute morgen aufgestanden zu sein!
 
Wer sich nun noch für die Geschichte und Zahlen des Großmarktes interessiert, der sei auf dessen Internetseite und das Faltblatt zum Jubiläum (mit Tag der offenen Tür am 26.7.2009) verwiesen: Dort findet sich alles Wissenswerte.
 
peter schubert/ Bilder: Verena Schories

P.S. Unsere Slow Food Freundin H. Maas hat einige Impressionen des Tages in sehr schönen Bildern zusammengefasst. Werfen Sie doch mal einen Blick in die von ihr zusammengestellte Diashow!

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