Kräuterwanderung

Delikatessen auf Schritt und Tritt

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oder: Von freilaufenden Schnecken, wilden Kräutern und kommunikativen Köchinnen und Köchen.

Wie eigentlich immer bei unseren Veranstaltungen in freier Natur, so auch am 16.05.2009: Die Sonne lacht vom Himmel und sorgt schon bei Ankunft für gute Laune. Heute ist die sehenswerte und einladende Oedmühle der Ausgangs- und Endpunkt unserer geplanten Kräuterwanderung mit anschließendem gemeinsamen Kochen. Unsere Kräuterschnecke (von -hexe kann bei ihr wahrlich nicht die Rede sein....) Gabriele Leonie Bräutigam (zertifizierte Kräuterführerin) wird uns durch die wunderbare Umgebung führen und – wie es sich für Schnecken gehört – durch Wald und Wiesen kriechen lassen. Unsere „Beute“ wollen wir anschließend gemeinsam zu einem Menü verarbeiten.

Vor den Kräutern sammeln wir erst einmal uns in den wirklich sehenswerten Räumlichkeiten der vorbildlich renovierten, denkmalgeschützten Mühle, um in der nostalgischen und geschichtsträchtigen historischen Gaststube eine „Einsatzbesprechung“ (Schnecken-Sammel-Briefing) zu machen. Ausgestattet mit Körben, Küchenmessern und voller Wissbegierde starten wir anschließend zu einer zweistündigen Kräuterwanderung. Die herrliche Umgebung ist der ideale Ort, um eine Vielzahl an Wildkräutern zu suchen, sammeln und erklären. Entsprechend langsam geht es natürlich voran, denn ständig gibt es etwas zu sehen, fragen und probieren.

Wir erfahren von unserer „Kräuter-Gabi“, welche Kräuter, Blätter und Blüten (wann) genießbar sind, welche Verwendung es dafür gibt und auf was wir achten sollen. So pflücken wir anfangs gleich junge Fichtenspitzen, um sie später mit Schokolade zu überziehen, suchen den „Gundermann“ für unser Eis, erfahren, dass des Gärtners verhasstes Unkraut, der „Giersch“, vielseitige und äußerst schmackhafte Verwendung finden kann (was manche unter uns dazu motiviert, diesen in Zukunft einfach wegzuessen statt wegzuwerfen) und vieles, vieles mehr.

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Füllen sich die Körbe anfangs noch eher zaghaft, so ändert sich dies schlagartig, als wir das Ziel unserer Wanderung, eine große Wiese auf herrlicher Anhöhe erreichen. Dort schüttet die Natur ihr Füllhorn aus und wir langen kräftig zu. Endlich komme auch ich zum Einsatz, denn ich habe mich etwas vorschnell für die Brennnesseln zuständig erklärt – aber mit der richtigen Technik klappt das tatsächlich ganz ohne Handschuhe. Auch die Kinder in unserer Gruppe finden Spaß an der Suche und liefern eifrig alle Pflanzen, auf die sie sich spezialisiert haben.

Wenn wir wieder bei der Mühle ankommen, sind die Sammelbehälter gut gefüllt und der Inhalt wartet darauf, in der Küche verarbeitet zu werden. Als wir hören, dass ein komplett vegetarisches Menü geplant ist, werfen zwar manche von uns sehnsüchtig-begehrliche Blicke auf die in der Wiese laufenden glücklichen Hühner und den Pfau....aber diese dürfen dann doch weiterleben und auch wir überleben das Menü (will sagen: Wir haben keine Giftpflanzen eingepackt und verzehrt).

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Ausgestattet mit Rezepten (die wir natürlich später alle mitnehmen dürfen) stürzen wir uns in die große, perfekt ausgestattete Gastronomieküche und legen eifrig los, denn es liegt einiges vor uns. Das Menü, das wir auch tatsächlich zubereiten, liest sich folgendermaßen:

  • Vitaltrank "Viriditas" (inspiriert durch Hildegard von Bingen)

  • Frühlingssuppe „Grüne Neune“ (natürlich mit neun verschiedenen Wildkräutern)

  • Wilde Antipasti, Frittata verde und Blumentopfbrot (letzteres „wächst“ als kräutergrüner Hefeteig tatsächlich im Terrakottatopf!)

  • Brennessel-Quiche (ausgesprochen schmackhaft)

  • Wildkräutersalat mit Spargel-Spaghetti (für viele ob der kräftigen Bitterstoffe eine Herausforderung aber dafür sehr gesund...)

  • Gundermanneis mit schokolierten jungen Fichtenspitzen (schmeckt echt spitze!)

Dank der tatkräftigen Mithilfe aller schaffen wir es tatsächlich, dieses doch recht umfangreiche Menü „kommunikativ“ zu kochen und viel Spaß dabei zu haben. Da wird eifrig Teig gewälzt, geschnippelt und zerkleinert, Kochlöffel geschwungen, Pfannen gewirbelt, Mixer auf Touren gebracht, schnabuliert und fabuliert und ich persönlich freue mich, mit einem alten Freund, der mit seinen beiden Kindern als Gast teilnimmt, seit Urzeiten mal wieder gemeinsam am Herd zu stehen.

Auch wenn wir den Zeitplan gehörig überziehen, so bleiben wir doch gelassen. An langer Tafel nehmen wir im schönen Garten Platz und genießen „pur Natur“ mit allen Sinnen. Kräuterlimonade - und wer will - natürlich auch Hopfenblütenkaltschale (Bier) und vergorene Trauben (Wein) ergänzen die gesellige Tafelrunde.

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Selbst hinterher packen alle noch mit an und so fleißig wie gekocht wurde, so fleißig wird auch wieder aufgeräumt und gespült. Insbesondere Heidi, die als Gast uns Schnecken kennenlernen wollte, legt einen wahren Spülmarathon hin. Respekt und vielen Dank. Solche Leute können wir gebrauchen! Offensichtlich haben die Kräuter unsere Vitalität verstärkt und uns mit Energie vollgepumpt. Insgesamt scheint die Wirkung aber doch unterschiedlich zu sein. Manche sehen plötzlich so glücklich und entspannt aus, dass ich betonen möchte: die Kräuter wurden nur gegessen und nicht geraucht...

Ein wirklich schöner Tag, der Dank der harmonischen Zusammenarbeit aller viel Spaß bereitete. Ein besonderes Dankeschön natürlich unserer Kräuterschnecke Gabi, die uns diese spannende Welt der „jungen Wilden“ näher brachte und deren (und ihres Mannes) „Oedmühle“ einfach ein paradiesischer Ort ist. Eine Besichtigung der Mühle ist zu bestimmten Zeiten möglich und lohnt in jedem Fall. Es gibt dort übrigens auch ohne Slow Food immer wieder interessante Veranstaltungen!

Und zum Abschluss noch ein Spruch von Hildegard von Bingen, welcher gut zu dieser Veranstaltung und zu unserer Slow Food Philosophie passt:

"Drei Pfade hat der Mensch in sich, in denen sich sein Leben tätigt: die Seele, den Leib und die Sinne".

peter schubert / Bilder: Gabriele Bräutigam und Gerhard Tremel

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