Sardischer Abend (07/07)

Sardischer Abend

Jürgen Beyer mit Gästen vor seinem Roten Ochsen

27.07.2007: Beginn der Sommerferien – ach, könnte man in solchen Momenten doch nur wieder Schüler sein...!

Obwohl überwiegend der arbeitenden Bevölkerung zugehörig, trafen sich 25 trotzdem gut gelaunte Personen in fröhlicher Runde vor dem Restaurant „Roter Ochse“ in Rückersdorf. Statt in einem „gemütlichen“ Ferienstau auf der Autobahn zu stehen, haben sie es schlauerweise vorgezogen, Italienurlaub in Franken zu verbringen (zumindest für ein paar Stunden).

Ein „Sardischer Abend“ stand auf dem Programm und im historischen Ambiente des alten, sehr schön renovierten Fachwerkhauses, wollten wir sardischen Aromen und Geschmackskomponenten nachspüren, welche unser Küchenchef Jürgen Beyer mit regional-fränkischen Produkten kombinierte.

Die Sonne schien, die Temperaturen waren angenehm und so nahmen wir unseren Aperitif gleich vor der Haustüre ein. Bei einem „sardischen Sherry“ (der - da nicht aufgespritet - gar kein Sherry sondern ein sehr interessanter, trockener Aperitifwein aus der alten Rebsorte Vernaccia war, daher der Name "Vernaccia di Oristano"), lernten wir gleich unsere zweite Hauptperson kennen: Richard Retsch von Il Nuraghe sollte uns durch den Abend führen und die speziellen sardischen Produkte näher erläutern.

Nach dieser Auflockerungsrunde stiegen wir beschwingt in den ersten Stock des Hauses, wo uns schön eingedeckte Tische unter historischen Balken und Fachwerk begrüßten. Wirklich stilvolle Räumlichkeiten für das, was uns erwartete.

Damit wir gleich gut geschmiert in den Abend rutschten, starteten wir mit einer Olivenölverkostung und wissenswerten Informationen zu diesem Produkt. Während wir drei im Charakter sehr unterschiedliche (tolle) Öle probierten und zwischendurch Gemüsesticks und „Pane Guttiatu“ (dünnes krosses Fladenbrot mit Suchtfaktor) knabberten, erzählte uns Herr Retsch einiges zur Olivenölherstellung und zu den Qualitätsmerkmalen eines guten Öles (leider war die Akustik im Raum sehr schlecht, so dass die fundierten Informationen an manchen Tischen teilweise nur bruchstückhaft ankamen).

Zum Schluss wurde noch die nach spezieller Rezeptur unseres Küchenchefs zubereitete „Olivenölmayonnaise“ probiert und dann konnte es auch schon mit dem eigentlichen Menü losgehen.

Den Auftakt machte ein ungewöhnlicher Pasta-Gang:

Spaghettini mit „Bottarga di muggine“. Letzteres ist eine alte sardische Spezialität und wird auch sardischer Kaviar genannt. Es handelt sich dabei um ein Fischerzeugnis aus dem Rogen der Meeräsche. Dieser wird gesalzen, gepresst und dann luftgetrocknet. Es ist ein sehr aromatisch-würziges Produkt, das allerdings unterschiedliche Reaktionen an den Tischen (und offenbar auch im Vorfeld bei den Köchen) hervorrief, denn Fischliebhaber sollte man schon sein, um es zu mögen. Mit einem kräftigen Tomatensugo kombiniert, ergab sich eine meiner Meinung nach spannende und geschmacksintensive Kombination. Ich persönlich war sehr angetan davon.
Schöne „weinige“ Ergänzung hierzu der fruchtig-vollmundige "Sélegas" von Argiolas (die autochthone Traubensorte heißt Nuragus di Cagliari). Durch seinen eher niedrigen Säuregrad harmonierte er prächtig mit den Essensaromen.

Dann sollte eigentlich ein „Duett von Thunfisch und Zackenbarsch“ folgen. Der Zackenbarsch war allerdings unpässlich (d.h. er entsprach bei Lieferung nicht den strengen Qualitätskriterien unseres Küchenmeisters) und so gab's stattdessen ein „Duell“ zwischen Thunfisch und Rotbarbe.

Beide kämpften um die Vorherrschaft des perfekten Geschmacks. Der Thunfisch setzte dabei auf die Aromen des heißen Grills, die ihm sein schönes Streifenkleid bescherten (gute Konsistenz, saftig), während die Barbe kurz zuvor ihr rotes Mäntelchen im heißen Olivenöl aromatisierte. Eine schaumig aufgeschlagene Sauce sekundierte den beiden Duellanten, welche ihren Wettstreit auf kleinen Gemüsestückchen austrugen.
Der Weißwein "Villa Solais" von Santadi aus einer ebenfalls autochthonen Rebsorte (Vermentino di Sardegna) bildete hierzu die adäquate Ergänzung.

Beim nächsten Gang wurden die Zutaten regional: Lamm vom Grill und Spanferkel erhielten aber sardischen Schliff. Kräftiger Geschmack, aromatische Gewürze und gute Kartoffeln verlangten nach gehaltvollem Rotwein: Ein "Grotta Rossa" von Santadi (aus der Traubensorte Carignano del Sulcis) musste es sein; zum Abschluß dann noch einen 2004er "Tonaghe" von Contini, deraus der Traubensorte Cannonau di Sardegna gewonnen wird und mindestens 2 Jahre im Holzfaß reift).

Essen und Trinken sind stets kommunikativ und so entwickelten sich schon bald rege Diskussionen an den Tischen und es wurde immer lebhafter: Come in Italia!

Auch ein Dessert durfte zum Finale natürlich nicht fehlen: Yoghurtpudding nach altem Rezept wurde von verschiedensten Früchten begleitet und bildete den Abschluss der sardisch-fränkischen Allianz.
Tutto bene!

Ein „mille grazie“ an Jürgen Beyer und seine Küchencrew, sowie an den aufmerksamen und angenehmen Service. Außerdem ein herzliches Dankeschön an Richard Retsch für die zahlreichen Hintergrundinformationen und Erläuterungen.

Und was machen Sie eigentlich in den Sommerferien?

peter schubert

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