Tafelrunde_Streuobst (10/08)

Ist unser Streuobst noch zu retten?

Unter diesem etwas provokativen Titel stand unsere Tafelrunde am 7.10.2008 im Gasthaus Gutmann am Dutzendteich.
 
Herr Norbert Metz (Dipl. Ing. Landespflege) vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken erklärte uns sehr engagiert und mitreißend, warum diese Form der Kulturlandschaft schon fast verschwunden ist und was zu deren Rettung getan werden kann bzw. getan wird.
 
Zuerst informierte er uns über den Landschaftspflegeverband Mittelfranken.
Dieser Verband bemüht sich seit 1986 zusammen mit den Landwirten, Naturschutzverbänden und Gemeinden um die Erhaltung und Pflege ökologisch wertvoller Lebensräume. Ferner werden verschiedene regionale Vermarktungsinitiativen unterstützt. Als Beispiel sei hier das Frankenhöher Lamm genannt oder eben die Fruchtsäfte aus den Streuobstwiesen um den Hesselberg, geführt unter dem Markennamen „hesselberger“. In diesem Zusammenhang wurde die „allfra GmbH“ gegründet, welche sich um die Pflegemaßnahmen, die Beratung der Landwirte und Vermarktung der Produkte kümmert.
 
Herr Metz erklärte uns den Unterschied zwischen Streuobstwiese und Obstplantage. Während in der Obstplantage auf verhältnismäßig geringem Raum so viel wie möglich an Bäumen angepflanzt wird, sind bei den Streuobstwiesen wesentlich größere Abstände vorhanden. Hier wachsen auch große und zum Teil sehr alte Bäume, im Gegensatz zu den kurzstämmigen Niederobstsorten der Plantagen.
 
Leider sind im Laufe der letzten 50 Jahre über 70 % der Streuobstbestände verschwunden, teilweise durch Flurbereinigung, teilweise durch Vernachlässigung der Bäume oder auch durch die Bebauung der Landschaft. Nachdem der Rückgang schleichend vor sich geht, fällt dies dem Betrachter unserer Landschaft auf den ersten Blick nicht so sehr auf. Sie erscheint uns nach wie vor idyllisch und artenreich.
 
Die beste Pflege der Streuobstwiesen ist deren Nutzung und damit verbunden die Verwertung der Früchte. In den vergangenen Jahren wurde dies aber durch die Einfuhr billigster Fruchtsaftkonzentrate verhindert, denn eine Bewirtschaftung der Streuobstwiesen hat sich schlichtweg wirtschaftlich nicht mehr rentiert. Was nun im Vortrag folgte, war ein ausgesprochen spannender und teilweise erschreckender Exkurs in die Welt der Fruchtsäfte.
 
Die überwiegende Anzahl der „Fruchtsäfte“, die es bei uns zu kaufen gibt, werden aus Fruchtsaftkonzentrat gewonnen. Dieses Konzentrat kommt hauptsächlich aus Billiglohnländern, wie China, Iran, Chile usw. Es ist für die Getränkeindustrie weitaus preiswerter, diese mit künstlichen Aromen versetzten Konzentrate zu verarbeiten, als frisches Obst zu verwenden.
Dass das Endprodukt letztlich nur noch süß und gesundheitlich ziemlich wertlos ist, interessiert anscheinend niemanden.
 
Nachgewiesenermaßen sind frisch gepresste Fruchtsäfte (bzw. sogenannte Direktsäfte) sehr gesund. So beugen beispielsweise die Inhaltsstoffe des Apfels Darmerkrankungen vor und es wird ihnen sogar ein gewisser Schutz vor Darmkrebs nachgesagt.
 
Diese wertvollen Inhaltsstoffe findet man in den Fruchtsäften der „hesselberger“ Produkte. Hier wird zum einen nur gutes Obst, also keine faulen oder schimmeligen Früchte, verwendet und vor allem werden diese umgehend nach Anlieferung verarbeitet. Die Bauern bekommen einen überdurchschnittlichen Preis dafür bezahlt, der es für sie wieder lohnenswert macht, das Obst zu sammeln und die alten Bäume weiterhin zu pflegen, bzw. auch neue Bäume anzupflanzen – und damit wird wieder ein funktionierender ökologischer Kreislauf in Gang gesetzt.
 
Ferner versucht die „allfra GmbH“, den Menschen das eigene Obst wieder näher zu bringen, beispielsweise durch Ernteaktionen für Kinder oder Familien.
 
Dass man aus Äpfeln, Birnen und Co. nicht nur Säfte machen kann, ist uns allen bekannt. Ziemlich neu ist jedoch, dass daraus faszinierender Sekt bzw. Secco entsteht. Von deren hervorragender Qualität durften wir uns zum Abschluss des Abends bei einer ausgiebigen Verkostung überzeugen.
 
Man kann sich nur wünschen, dass es gelingt, unsere einheimischen Obstbestände (mit ihren vielen alten Sorten) zu erhalten, um weiterhin derartige Qualitätsprodukte erzeugen zu können und eine einmalige Kulturlandschaft zu bewahren. Wenn es jedoch noch mehr so engagierte und ideenreiche Menschen wie unseren Referenten gibt, sollte das gelingen. Wir danken Herrn Metz für diesen ausgesprochen beeindruckenden Vortrag!
 
p.r-h
 
Ein guter Artikel zum vorgestellten Projekt „hesselberger“ fand sich wenige Tage nach unserem Vortrag in den Nürnberger Nachrichten und kann hier....: aufgerufen werden.
p.s.

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