Grund zum Feiern: 20 Jahre Slow Food Convivium Bonn

Auch wenn „20“ nicht als feierwürdiges Datum angesehen wird, lohnt es sich doch für das Bonner Convivium, einen Blick zurück zu tun und seinen Weg nachzuvollziehen – zumal es ja genussvoll weitergeht, unter einem neuen Team, dem Thomas Großmann, Kai Hofstätter, Karsten Sarnoch, Sabina Schlinke, Dennis Stern und Achim Ziss angehören. Und auch diese sechs setzen darauf, dass die Ziele von Slow Food niemals „aus der Zeit fallen“, sondern immer wieder ins Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher gehoben werden müssen. Und das mit einer ordentlichen Portion Genuss.

Gelegenheit zum Anstoßen auf das kleine Jubiläum ergab sich übrigens bei einer Tafelrunde des Conviviums im Restaurant „Kris & Chris“ am 18. März 2022, zwei Tage vor dem eigentlichen Jahrestag.


Eine Burg als Glücksfall

Auslöser für die Gründung des Conviviums war das Slow-Food-Fest 2001 auf dem Bonner Münsterplatz. Mit seinen Ständen „geschmackvoller“ Lebensmittel, seinen Genusserlebnissen und Kurzseminaren hat es bei vielen einen Nerv getroffen. Monika Hörig ergriff die Initiative, Jürgen Huber stieß dazu, und am 20. März 2002 kamen 25 der damals 38 Slow-Food-Mitglieder im Raum Bonn zum ersten Treffen zusammen. Als Glücksfall erwies sich, dass Ferdinand von Loe mit Burg Lede einen festen „Sitz“ des Conviviums anbot, der seinesgleichen suchte.

Monat für Monat trafen sich nun die Bonner Slow-Foodies in der romantischen Burgküche des mittelalterlich wirkenden Gemäuers. Allmählich entwickelte sich ein Programm, es gab Vorträge und Verkostungen, Kochabende, Geschmackserlebnisse und Produzentenbesuche.


Mit Suppe ins Gespräch kommen

Schon im September 2002 krempelten die Mitglieder die Ärmel hoch, um beim Tag des offenen Denkmals auf der Burg eine Kartoffel-Lauch-Suppe zu kochen: 100 Portionen wurden verkauft und viele Gespräche mit Interessenten geführt.

Das Suppe-Kochen - mal Kürbissuppe, mal Buttermilchbohnensuppe - beim Tag des offenen Denkmals wurde dann zu einem der Fix- und Höhepunkte im Slow-Food-Jahr, manchmal mit bis zu 300 verkauften Portionen. Es war eine gute Möglichkeit, für Slow Food und seine Anliegen zu werben. Das geschah auch, in dem das Bonner Convivium bei verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen präsent war. Positive Wirkung hatte auch eine gezielte Pressearbeit, die die Aktivitäten der Gruppe immer wieder in die Medien transportierte, nicht nur, wenn sie in der Küche der Österreichischen Gesandtschaft kochte sondern auch die Teilnahme am Saatgutfestival.


Erster Arche-Passagier: Blauer Frühburgunder

Mit dem Blauen Frühburgunder von der Ahr konnte Bonn 2005 auch einen ersten Passagier zur Arche des Geschmacks beisteuern.

Anfang 2006 haben sich dann die Mitglieder, die aus dem Bergischen Land in Bonn und Köln mitgemacht haben, entschieden, ein eigenes Convivium zu gründen.

Als Monika Hörig den Vorsitz nach fünf Jahren abgab, hatte das Convivium fast 200 Mitglieder. 2007 wurde Achim Ziss zum neuen Convivienleiter gewählt.

Mit dem ersten Frühburgunder-Forum, das am 24. März 2007 in Kloster Marienthal stattfand, wurde unserem Arche-Produkt ein würdiger Rahmen geschaffen. 17 Weingüter von der Ahr präsentierten fast 40 verschiedene Frühburgunder. Mit 200 Besuchern hatte man gerechnet, es kamen dann weit über 500. Und genauso erfolgreiche Fortsetzungen gab es 2009 und 2011.


Vernetzung verbreitet die Ideen

Bei externen Tafelrunden wurde das Gespräch mit Gastronomen und Produzentinnen und Produzenten in der Region mit unserer Idee vertraut gemacht. Auch die Teilnahme an Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Höfe in Grafschaft Gelsdorf, dem Tag des Siebengebirgs-Produktes in Königswinter-Margarethenhöhe, dem Markt der Regionen in Koblenz und dem UN-Tag der Artenvielfalt im Botanischen Garten Bonn tragen die Slow-Food-Idee weiter.

Gemeinsam mit dem Convivium Köln brachte Bonn 2008 einen zweiten Passagier in die Arche, den Maiwirsing oder Bonner Advent. Auf der in Bonn durchgeführten UN-Biodiversitätskonferenz haben wir für Slow Food an dem parallel stattfindenden Markt eine Woche lang unsere Fahne hochgehalten. Und zuletzt waren wir dann noch Geburtshelfer für das neue Convivium Rhein-Mosel, das sich im Großraum Koblenz-Westerwald-Hunsrück gegründet hat.


Auftritt bei Großveranstaltungen

Zusammen mit dem Convivium Rhein-Mosel engagierte sich das Bonner Convivium bei der BUGA 2011 in Koblenz. Gemeinsam mit dem Gemüsesorten-Projekt Rheinland+Pfalz, dem Verein Kräuterwind, dem BUND und SFD wurde ein Stand für die BUGA konzipiert und finanziert, an dem die beiden Convivien sich mit regelmäßigen Veranstaltungen präsentierten.

In diesem Zusammenhang wurden auch das „Ahrtaler Köksje“ eine Bohnensorte, und der „Kesselheimer Zucker“, eine Erbsensorte, auf den Weg in die „Arche des Geschmacks“ gebracht.

Als Achim Ziss den Vorsitz nach vier Jahren abgab, hatte das Convivium über 200 Mitglieder. 2011 wurde Sabina Schlinke zur neuen Convivienleiterin gewählt.

Gemeinsam mit ihrem Team verfolgte sie konsequent die Ziele von Slow Food: die Bonner Mitglieder und möglichst viele Interessierte als mündige Verbraucherinnen und Verbraucher mit regionalen Produzentinnen und Produzenten und Produkten bekanntzumachen, sie mit allen Sinnen Lebensmittel wahrnehmen zu lassen und sich gemeinsam mit allen Interessierten für den Erhalt der regionalen und überregionalen biologischen Vielfalt einzusetzen, ganz nach dem Motto „global denken, lokal handeln“.


Neue Förderer

Es konnten neue Förderer gewonnen werden, die sich gegenseitig unterstützen und wenn möglich Produkte voneinander beziehen. Durch die Vermittlung des Bonner Conviviums waren vier Bonner Slow-Food-Förderer bei der Feier zum Tag der Deutschen Einheit 2011 mit Essensständen vertreten und konnten zahlreiche Besucherinnen und Besucher davon überzeugen, dass auch auf Großveranstaltungen qualitativ hochwertiges Catering möglich ist.

Auch an der Erstellung des Slow-Food-Genussführers wirkte und wirkt das Bonner Convivium mit und veröffentlicht auf der Website Einkaufstipps für Bonn und die Region.

Die Pandemie hat auch die Aktivitäten des Conviviums Bonn gebremst, die rege Teilnahme an der Tafelrunde am 18. März 2022 zeigte allerdings, wie groß der Wunsch ist, den gemeinsamen Weg aktiv weiterzuverfolgen.

Und so freuen wir uns über jede und jeden, die gemeinsam mit Gleichgesinnten die Slow Food Ideen voranbringt.

Das Jubiläum wird jedoch überschattet vom Ukraine-Krieg. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine ist eine Katastrophe für die unmittelbar betroffenen Menschen vor Ort. Slow Food International hat zwei Initiativen für pragmatische und menschliche Hilfe gestartet.

1. Spenden für die Rettung der ukrainischen Artenvielfalt. Zur Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern, die auch in Kriegszeiten ihre Höfe nicht verlassen haben und unter schwierigsten Bedingungen weiterarbeiten und ihr Leben riskieren, um Tierrassen und Pflanzensorten zu erhalten, ihre lokale Gemeinschaft zu ernähren und die Zukunft zu sichern. Slow Food appelliert an die weltweite Slow Food-Gemeinschaft, sie mit einer Spende finanziell zu unterstützen. Zur Spendenseite von Slow Food International geht es hier.

2. Aufnahme von Flüchtenden aus dem Netzwerk. Slow Food stellt den Kontakt her zwischen Mitgliedern der ukrainischen Slow-Food-Gemeinschaft und ihren Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa, so dass Geflüchtete aus Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung von anderen Mitgliedern des Netzwerks aufgenommen werden können. Imker*innen werden mit Imker*innen zusammengebracht, Käser*innen mit Käser*innen, und so weiter. Wir glauben, dass dieser Austausch nicht nur den ukrainischen Geflüchteten die Möglichkeit geben wird, ihr Handwerk im Exil weiter auszuüben, sondern auch einen fruchtbaren Austausch über handwerkliches Wissen und Fertigkeiten ermöglicht: Fertigkeiten, die für den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg von entscheidender Bedeutung sein werden.
Mehr dazu finden Sie auf der Slow Food Webseite.

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