12.11.2016 - Martinsgans-Essen

Gans ganz lecker…

Wieso eine Gans? Der spätere Bischof von Tours war gebürtig aus Pannonien, einem Teil des heutigen Ungarn. Bekannt ist die Legende von seiner Begegnung mit einem Bettler, der dem Erfrieren nahe war und dem er die Hälfte seines Mantels zum Wärmen gab. Nicht nur seine heutigen Landsleute sind oft weniger bereit zu teilen… Als Martin von seiner bevorstehenden Ernennung zum Bischof erfuhr, so wieder die Legende, soll er sich in einem Stall versteckt haben, wurde aber durch laut schnatternde Gänse verraten. Die müssen das heute noch in der Zeit um den Martinstag, den 11. 11., büßen.

Mitglieder und Freunde des Conviviums Münster / Münsterland trafen sich am 12. November 2016 in der Domschenke am Markt in Billerbeck zu einem gemeinsamen Gänseessen. Der Leiter des Conviviums, Manfred Wöstmann, begrüßte die Runde. Küchenchef Frank Groll hatte sich für uns ein dreigängiges Menü rund um die Gans einfallen lassen.

Den ersten kleinen Vorgeschmack brachte uns ein sehr zart schmelzendes, mild gesalzenes Gänseschmalz und eine kleine Gänseleberzubereitung mit einer dezenten Süße zu hellem Brot.

Der erste Gang war dann eine Gänseconsommé mit kleinen Gemüsen und Nocken. Die kräftige, dunkle Farbe und ein Anklang von Röstaromen verrieten, dass hier kräftige Fonds gezogen werden, und die perfekte Klärung und der äußere Eindruck ohne sichtbares Fett zeigten, dass hier meisterlich gekocht wird.

Nun hatten alle genug Kraft für ein wenig Kultur. Unser Mitglied Georg Brans trug einige Texte mit Bezügen zur Martinsgans vor. Dabei war Heinz Erhard vertreten, dann J. W. von Goethe, Hoffmann von Fallersleben und ein Anonymus. Heitere und tiefsinnige Nuancen traten zutage, was sich bekanntlich selten widerspricht.

Der Hauptgang: Nun kam die Gans ganz: Frank Groll zeigte den Gästen einige Gänse am Stück, so wie sie gerade den Ofen verlassen hatten. An einem Tisch im Raum tranchierte er sie routiniert, so dass jeder Gast ein Keulen- und ein Bruststück bekam und die Beilagen bei Tisch selbst dosieren konnte: Klöße in angenehmer Größe, sehr locker und „fluffig“, Rotkohl deftig westfälisch zubereitet (im Gegensatz etwa zu „à la Lorraine“), Wirsing, in dem mancher noch andere Kohlsorten schmeckte und eine vorbildliche Sauce auf der Basis von dunklem Gänsefond, mit samtigem Glanz und zurückhaltender Bindung. Bei der Haut scheiden sich wie immer die Geschmäcker: Mancher lässt sie über, andere genießen knusprige Stücke. Wie die Beschaffenheit erreicht wird, gehört natürlich zu den „Küchengeheimnissen“, von denen wir auch ein wenig erfuhren: Im letzten Schritt wird die Oberfläche mit Honig und Butter bestrichen, trockene Hitze von oben wirkt ein, etwas Salz entzieht weitere Feuchtigkeit. Von den klassischen Gänsemenüs, die wir in vergangenen Jahren erlebt haben, war dieses ein Kandidat für einen Spitzenplatz.

Es folgte noch ein Dessert, garantiert gänsefrei: Eine zarte Orangenmousse, kombiniert mit einem intensiven Cassis-Sorbet, dazu einige kleine Fruchtelemente, die es in solchen Kombinationen meist schwer haben, verbindend neben den Hauptkomponenten zu bestehen. Da wir gerade Geflügel hatten, ist die Orange als eine sehr glückliche Kombination dazu gewissermaßen der Abschied vom Menüthema, das Cassis-Sorbet kontrastiert dazu und verabschiedet uns geschmacklich.

Die angebotenen Weine waren gute Empfehlungen.

Unser gelungenes Menü und der Dank an den Küchenchef stellten einen passenden Rahmen für eine fällige Ehrung: Die Domschenke ist nach erneuten Testbesuchen wiederum in den Genussführer von Slow Food, Ausgabe 2017 / 18 aufgenommen worden. Aus diesem Anlass erhielt Frank Groll den neuen Genussführer, Urkunde und Aufkleber von Slow Food für den Aushang und natürlich die Gratulation von Conviviumsleiter Manfred Wöstmann und seinem Stellvertreter Wolfgang Hack.

(Wolfgang Hack)

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