26.04.2014 - Spargelzeit im Münsterland

Spargelzeit im Münsterland

Am Samstag, den 26. April 2014, nachmittags um 16:00 Uhr trafen wir uns... ja wo eigentlich? Wer auf die Karte schaut, könnte fragen: Ist das jetzt noch Everswinkel, oder vielleicht Freckenhorst, das sieht viel näher aus. Unser Ziel, der Spargelhof Hengemann liegt so gerade noch auf dem Gebiet der Gemeinde Everswinkel (Mehringen 15), einige Meter weiter sind wir in Warendorf, Ortsteil Freckenhorst. Bis vor wenigen Jahren lag nebenan noch das größte Nato-Treibstofflager Westfalens, heute ist dieses Nachbargrundstück ein Ausbildungsgelände der Polizei. Beides konnte aber die idyllisch-ruhige Lage an einer kleinen Kreisstraße nicht stören.

Der Hof Hengemann ist seit 1300 im Besitz dieser Familie, seit 1981 wird hier Spargel angebaut, und seit 1990 hat Sabine Hengemann den Hof von ihren Eltern übernommen. Sie begrüßte uns auf dem Hof und begann eine kleine Führung, zunächst auf einem hofnahen Spargelfeld von gut einem Hektar Größe, wo zwei junge Frauen bei der Ernte waren. Mit etwa 40 cm langen, am unteren Ende etwas gekrümmten Messern ging es dicht neben einer gerade ertasteten Spargelstange senkrecht nach unten, dann in der richtigen Tiefe wurde die Krümmung genutzt, um die Stange zu durchtrennen und sie von Hand zu ziehen, wobei das Messer nur wenig als Hebel dienen kann. Das klingt schon nicht besonders einfach, die eigene Erfahrung zeigte, dass hier viel Übung und Geschicklichkeit erforderlich ist. Einige von uns trauten sich. Wenn es gut lief, hatte man nach einigen Minuten 2, 3 Stangen von brauchbarer Größe in der Hand, die Stecherinnen waren dann schon eine halbe Reihe weiter. Wie überall im Spargelanbau muss man sich auch hier auf polnische Saisonarbeitskräfte verlassen, die alle Jahre gern wiederkommen. Sie haben die nötige Übung, und für sie ist auch die Beschäftigung über einige Wochen zu den deutschen Bedingungen attraktiv. Die regelmäßig wiederkehrende Gruppe aus Familienangehörigen und Freunden bereits eingeführter Arbeitskräfte umfasst etwa 10 bis 12 Personen. Der Hof baut auf bis zu 8 ha Spargel an. Dabei bleiben die Spargelpflanzen etwa acht Jahre in der Nutzung. Auch danach gäbe es noch einen Ertrag, allerdings ist ein Fruchtwechsel dann wirtschaftlicher. Außerdem ist der ziemlich schwere Boden in dieser Ecke Westfalens für Spargel nicht so besonders gut geeignet wie in der dafür bekannten Gegend um Füchtorf. Dem muss man Rechnung tragen durch die Auswahl der Sorten, bei Hengemann haben sich die beiden Sorten Lukullus und Geynlim besonders bewährt. Von einem Hektar erntet man 3 bis 5 Tonnen Spargel während der kurzen Saison. (Ein Vergleich: Arbeitet man im Weinanbau mit bewusst geringen Erträgen um hohe Qualität zu erzielen, so bekommt man z.B. 30 hl /ha, das sind ebenfalls etwa 3 Tonnen, allerdings Wein.)

Vom Feld kommend muss der Spargel dann gereinigt, sortiert und eventuell noch geschält werden. Das geschieht teilweise mit Hilfe von Maschinen. Auch dabei wirken aber zeitweise auch die polnischen Arbeitskräfte mit, die an der Maschine nach Arbeitsstunden bezahlt werden, auf dem Feld dagegen nach geernteten Kilogramm Spargel.

Der Hof betreibt auch einen kleinen Hofladen und sonntags kann während der Saison auch im Hause Spargel in wechselnden Zubereitungen gegessen werden.

Nachdem wir uns bei Sabine Hengemann bedankt hatten, ging es ins benachbarte Freckenhorst zur Landvolkshochschule (LVHS), eine Einrichtung des Bistums Münster, die früher fast ausschließlich Aus- und Fortbildung für Menschen aus der Landwirtschaft anbot, heute aber ein umfassendes Programm aus den Bereichen Politik, Gesellschaft, Beruf, Theologie, Lebens- und Arbeitswelt im ländlichen Raum (etwa der früher alleinige Bereich), Familialbildung, Umwelt, Gesundheit und Soziales. Die Leiterin der zuletzt genannten Fachbereiche, Karin Ziaja, hatte uns schon auf dem Hof Hengemann begleitet und begrüßte uns nun hier im Hause, führte uns kurz herum und informierte über die Tätigkeitsfelder. Wegen des umfangreichen Kursbetriebs gibt es hier natürlich auch eine große Küche, in der 7 Köchinnen und Köche sowie 3 Auszubildende wirken. Von dieser Küche war für uns ein Spargelmenü mit Begleitung durch passende Weine vorbereitet worden. Es gab Spargel-Schinkenröllchen, gefolgt von einer klassischen Spargelsuppe. Im Hauptgang gab es zu Salzkartoffeln und Schweineschnitzelchen Spargel in großzügiger Menge mit einer Hollandaise-ähnlichen Zubereitung als Sauce. Zum Abschluss gab es dann noch riesige, geschmacklich sehr gut gelungene Eisbomben. Wir hatten am Beispiel des Spargels den weiten Weg von der mühsamen Ernte über Verarbeitungsschritte bis zur fertigen Mahlzeit erlebt, dabei engagierte Arbeitskräfte in allen Etappen dieses Weges.

(Wolfgang Hack)

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