Besuch auf Hof Rösebach in Ifta

Gerhard Schneider-Rose

Thüringer Wald Ziege: Besuch auf Hof Rösebach

Ende Oktober 2021 habe ich gemeinsam mit Maik Klotzbach vom Convivium Weimar-Thüringen Hof Rösebach im thüringisch-hessischen Grenzgebiet besucht. Gemeinsam suchen wir Informationen zur Aufnahme der Thüringer Waldziege in die Arche des Geschmacks von Slow Food. Als Mitorganisator des Regionalmarktes“Nordhessen geschmackvoll“ sind mir Mia Kuhlmann und Frank Burkhardt vom Hof Rösebach schon bekannt mit ihrem interessanten Sortiment an Ziegenkäsen.

Ohne landwirtschaftlichen Hintergrund hat Frank Burkhardt hat auf angekauften Flächen in seinem Heimatort Creuzburg angefangen, Rinderbullen, Schweine und Rhönschafe zu halten. Die ersten 4 Thüringer Wald Ziegen kamen 2002 dazu und wurden mehr und mehr zum alleinigen Betriebszweig. Im Jahr 2016 hat er seine Lebensgefährtin Mia Kuhlmann kennen und lieben gelernt, die in Stuttgart-Hohenheim Agrarwissenschaften studiert hat. Gemeinsam haben sie einen in Konkurs gegangenen großen Milchhof mit 120 ha Wiesen- und Ackerflächen im benachbarten Treffurt-Ifta gekauft. Der Betrieb liegt direkt am „Grünen Band“, der ehemaligen Grenze zwischen Hessen und Thüringen.

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Der 100x30m große Kuhstall wurde in einen Ziegenstall mit Platz für mehrere Gruppen und einen Melkstand umgebaut. Eine moderne Hofkäserei ist seit 2018 in Betrieb. Der Betrieb wurde umbenannt von „Bioluna“ in „Hof Rösebach“, um einen namentlichen Bezug zum Standort zu schaffen.

Heute leben hier 400 Milchziegen, der Betrieb ist damit der größte Herdzuchtbetrieb für die Thüringer Wald Ziege. Die Ziegen liefern im Sommer etwa 800 l Ziegenmilch pro Tag. Im Herbst werden die meisten Ziegen gedeckt und stehen trocken. Deshalb reduziert sich die Milchmenge über Winter auf etwa 200 l pro Tag.

Begonnen hat Frank Burkhardt mit der Beweidung von Naturschutzflächen. – Davon ist er inzwischen weitgehend abgekommen, da für ihn damit ein hoher bürokratischer Aufwand und unkalkulierbare Risiken wegen möglichen Rückforderungen von Zuschüssen verbunden sind. Heute weiden die Ziegen auf hofnahen Wiesen, Luzerne und Gras wird angebaut und zu einer halbtrockenen Silage verarbeitet, mit der über Winter gefüttert wird. Die Ziegen erhalten insbesondere im Melkstand kleine Mengen an Kraftfutter, dass meist in Form von Pellets aus Maisresten gefüttert wird. Der Hof ist Bioland-zertifiziert und arbeitet heute mit sieben Mitarbeiter/innen. Frank kümmert sich vor allem um die Landwirtschaft, Mia trägt die Verantwortung in der Käserei und macht das Marketing.

Produziert wird Ziegenmilch, Ziegenjoghurt, Weich- und Schnittkäse. Verkauft wird zunächst im eigenen Laden in Creuzburg, der von Franks Mutter geleitet wird. Angeboten wird der Käse vor allem in der Region: über andere Hofläden, als Bestandteil von Grünen Kisten, im Unverpacktladen, in Naturkostläden in Erfurt und Eisenach. In Nordhessen gibt es den Käse auf dem Teichhof in Ringgau-Grandenborn und im Naturkostladen Elgershausen. REWE-Landmarkt hat den Käse in der Region seit einiger Zeit ins Sortiment aufgenommen. Besonders gut gefällt Mia Kuhlmann die Vermarktung über die Onlineplattform „Crowdfarming“. Hier kann man Patenschaften für einzelne Ziegen übernehmen und erhält im Gegenzug einmal jährlich ein Paket mit Ziegenkäse.

Problematisch ist der Verkauf von Ziegenlämmern: Jedes Frühjahr gibt es jede Menge Ziegenlämmer, ohne deren Geburt die Ziegen keine Milch geben. Die Hälfte davon sind Ziegenböcke, die im Betrieb nicht benötigt werden. Auch an weiblichen Ziegenlämmern gibt es einen Überschuss – nur ein Teil wird zum Aufbau der Herde und zum Ersatz für ältere Tiere eingesetzt. Der Rest wird idealerweise als ausgeschlachtete Ziegenlämmer verkauft. Dies funktioniert leider nur zum Teil. „Es ist ein großer Kampf, 100 Stück loszuwerden“, so schildert Frank die Mühen. So werden am Ende viele Tiere an Zoos als Raubtierfutter abgegeben.

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Die Ursachen für den schwierigen Absatz der Ziegenlämmer liegen zum einen bei den Kosten: Eine Kalkulation alleine auf Basis von Schlachtkosten und gefütterter Milch führt zu einem Kilopreis von derzeit 16 Euro. Der ist vielen Interessenten schon zu hoch, obwohl er für den Betrieb nicht rentabel ist. Schwierig ist auch der Verkauf von ganzen Lämmern: In sehr vielen Familien fehlt inzwischen die Kompetenz zum Zerlegen der 5 – 6 kg schweren Tierkörper in Portionen, die zur Haushaltsgröße passen. Dabei ist das gar nicht schwer und dank der Gefriertruhe gibt das etliche schöne Lammgerichte von Keule, Rücken, Schulter, Rippen und Bauch (Ragout!) und der besonders wohlschmeckenden Leber. Eine echte Herausforderung für Slow Food, mit Kochevents und durch Sensibilisierung der Genussführerrestaurants den Zugang zu Ziegenfleischgerichten zu schaffen!

Am Ende sind wir beiden Gäste von Slow Food sehr optimistisch, dass die Aufnahme der Thüringer Wald Ziege in die Arche des Geschmacks zeitnah gelingt. Schließlich ist diese Ziegenrasse die einzige der traditionellen regionalen Schläge in Deutschland, für die noch ein Herdbuch geführt wird. Sie wird von der GEH als gefährdet eingeschätzt, gleichzeitig gibt es aber immer mehr Betriebe wie Hof Rösebach, die sich der Rasse annehmen. „Essen was man retten will!!“ – der Slogan der Arche lässt sich hier gut umsetzen.

Nähere Infos zum Betrieb und den Einkaufsmöglichkeiten findet sich hier: www.hofroesebach.de

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