06.11.2010: Sterne-Menü mit Arche-Produkten im Restaurant Hinterding

Sterne-Menü zum Thema 'Produkte der Arche'

Vorab ein paar Bemerkungen zur Arche des Geschmacks.

Die biblische Geschichte von Noahs Arche (Genesis 6ff) ist allgemein bekannt und schon ein wenig merkwürdig: Waren Noah und seine Familie wirklich die einzigen, die gesetzeskonform gelebt hatten? Und dann die Tiere: Hätte man nicht vielleicht Zecken und Stechmücken draußen weiterspielen lassen können…

Bei der Arche des Geschmacks, einem Projekt von Slow Food, geht es schlüssiger zu. Der Mensch in seiner Eigenschaft als Verbraucher oder als derjenige, der mit Lebensmitteln Geld verdient, hat sich angemaßt, Tiere und Pflanzen als optimierbar oder verwerfbar zu betrachten. Ein Haustier mit hohem Fettgehalt ist überflüssig, eine Pflanze mit gefälligerem Geschmack, mit höherem Ertrag oder bequemerer Zubereitung wird bevorzugt angebaut. Die Verlierer des Wettbewerbs werden verdrängt und können verschwinden. Hier setzt das Arche-Projekt an: Vom Aussterben bedrohte Nutztiere und Nutzpflanzen sollen bewahrt werden. Da ist einmal das Ziel der Erhaltung der Bio-Diversität, der Vielfalt der Lebewesen. Weiter geht es aber auch um den Erhalt traditioneller Zubereitungsarten und Geschmacksrichtungen. Vernichten ist einfach, wieder beschaffen in der Regel unmöglich. Wissen wir heute schon, wie wir zukünftig aus wissenschaftlicher oder anderer Sicht über alte Nutztiere oder Pflanzen denken werden? So wurden in den letzten Jahren weltweit mehrere Hundert „Passagiere“ symbolisch in die Arche des Geschmacks aufgenommen, in Deutschland zur Zeit 29, ein paar Dutzend weitere warten als Kandidaten. Was können wir für diese Arche-Produkte tun? Wer es kann, züchtet oder baut an. Alle anderen können nach einem paradox klingenden Motto handeln: „Bewahren durch Aufessen.“
Wenn wir dieses edle Motiv dann noch verbinden können mit der Freude an höchsten Genuss in einer geselligen Runde…

Eben diese Idee steckte hinter unserem Arche-Menü am 6. November 2010 im Sternerestaurant unseres Mitglieds Ewald Hinterding in Lengerich.

Erst nach wochenlangen Recherchen nach Bezugsmöglichkeiten in einem winzigen Markt konnte solide geplant werden. Viele der Produzenten der Arche-Produkte sind Idealisten mit Kleinbetrieben, noch gewohnt, in unmittelbarer Nachbarschaft oder im eigenen Landkreis zu vermarkten. Manche Vertriebswege muteten rührend altmodisch an. Dazu kommt, dass es nicht alle Arten von Produkten in der Arche gibt, so z.B. keinen Fisch. So wurde die Zutatenliste ergänzt durch ausgewählte Bioprodukte.

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Den Auftakt unseres Menüs bildete ein kleiner lauwarmer Zwiebelkuchen von der Höri-Bülle.
(Eine rotbraune aromatische Zwiebelsorte von der Bodensee-Halbinsel Höri.)

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Es folgten süß-saure Alb-Leisa mit gesottenem Fleisch vom Glanrind und Zwiebelconfit von der Höri-Bülle.
(Die Alblinse wird zurzeit nur von einem Hof einer Erzeugergemeinschaft in Lauterach auf der Schwäbischen Alb geliefert. Das Glanrind kommt aus dem Norden von Rheinland-Pfalz, rund um den Donnersberg und aus dem Tal der Glan, einem Nebenfluss der Nahe. Die Tiere werden im Freiland gehalten und haben darum die gute Fleischcharakteristik von „Freizeitsportlern“.)

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Ein Fischgang schloss sich an:
Seesaiblingsfilet aus Öko-Aquakultur mit leichtem Senfschaum auf westfälischem Stielmus.

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Als Hauptgang bekamen wir:
Geschmortes Schäuferl von der Diepholzer Moorschnucke mit Schnippelbohnen und Bamberger Hörnchen.
(Die Moorschnucken sind den Heidschnucken verwandt, kleiner und hornlos. Das Fleisch verbindet im Geschmack Lamm mit Wild. Es wurde in diesem Fall von einem Schäfermeister aus der Nähe von Diepholz in Niedersachsen bezogen.
Die Bamberger Hörnchen glaubt mancher zu kennen, es sind jedoch viele ähnliche, aber geschmacklich abweichende Sorten im Umlauf. Hier gab es das Original.)

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Gibt es auch ein Arche-Produkt für Nachspeisen? Aber ja, es gab ein sehr cremiges Rotweineis vom Tauberschwarz mit einem Beerenragout.
(Tauberschwarz ist eine rote Rebsorte aus der Region Tauberfranken des Weinbaugebietes Baden. Bei Ertragsbeschränkung entstehen hochwertige dunkelrote, fast schwarze Weine mit charakteristischem Aroma von Zartbitter und Weichselkirsche. Natürlich gab es diesem Wein nicht nur im Eis…)

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Ewald Hinterding, unterstützt von einer starken Mannschaft in der Küche und ebenso im Service bereitete uns wieder einmal einen genussreichen Abend. Kein Wunder, dass er in diesen Tagen zum 26. Male in Folge einen Stern des renommierten Michelin-Restaurantführers verliehen bekam.

(Wolfgang Hack)

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