02.10.2010: Essen an ungewöhnlichen Orten

02.10.2010 - Essen an ungewöhnlichen Orten

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In loser Folge gibt es in unserem Convivium Gelegenheiten, ein gemeinsames Mahl an Orten zu genießen, wo wir sonst keinen Zugang hätten oder keine Gastlichkeit vorfänden. In diesem Jahr ging es um eine gelungene Verbindung von gemeinsamem Erleben und Genuss mit dem auch für Slow Food sehr wichtigen Aspekt des Naturschutzes.

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Wir trafen uns in einem Gelände, das der NABU für ein großes Naturschutzprojekt nutzt. Auf naturnahen Weideflächen bei den Emsauen in Westbevern stehen Wildpferde und Heckrinder. Viele kleinere Tiere wie Vögel, Frösche und Schlangen fühlen sich hier ebenfalls wohl.

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Zwei Mitarbeiter des NABU, Andreas Beulting und Norbert Tilgner führten uns auf das Gelände

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und öffneten die Augen für vieles, das der Laie übersehen würde, darunter zahlreiche Pflanzen.

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Außerdem wurden wir natürlich genauer mit den beiden großen Tierarten bekannt gemacht. Die kleinen Wildpferde der Rasse „Konik“ (polnisch: „Pferdchen“) gebärdeten sich gar nicht wild, sondern kamen neugierig auf Tuchfühlung.

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Anders bei den Heckrindern mit ihren imposanten Hörnern: Den meisten war bewusst, dass wir mit den Tieren gemeinsam eingezäunt waren… Wir erfuhren, dass die Tiere eine Fluchtdistanz haben, dass man ihnen nicht den Weg abschneiden oder sie in eine gefühlte Enge treiben sollte.

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Die Rinder waren so nett, auch unsere Fluchtdistanz zu wahren und kamen erst näher, als wir später auf der anderen Seite des Zauns zu Tisch saßen. Diese Rinder stellen eine so genannte Abbildzüchtung dar. Es geht um den Versuch, initiiert von den Brüdern und Zoo-Direktoren Heck, den Auerochsen zurück zu züchten. Das ist mangels authentischen Erbmaterials so nicht möglich. Die letzten Auerochsen lebten Anfang des 17. Jahrhunderts in Litauen und in der polnischen Region Masowsze. Man kann vermuten: Wären sie zu der Zeit nicht ausgestorben, so wären die letzten vermutlich bald darauf in den Wirren des beginnenden 30-jährigen Krieges zur Truppenverpflegung geworden. Also hat man aus vorhandenen Rinderrassen durch wiederholtes Kreuzen eine neue Rasse gewonnen, die viele der Merkmale des Auerochsen hat, wie man sie von Abbildungen und Skeletten kennt. Was die Körperform betrifft, ist man dem Original sehr nah, der Prozess dauert jedoch noch an, es gibt Bestrebungen, die Körpergröße anzugleichen. (Der Auerochse hatte eine 10 bis 15 cm höhere Schulter als das Heckrind.)

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Nach der kleinen Exkursion durch Weidefläche und feuchte Niederungen ging es an den vorbereiteten Tisch am Rande des Geländes. Das Gasthaus Piesert aus Westbevern hatte hier unter einem offenen Zelt eine lange Tafel mit Heckrinder-Consommé, Räucherfischplatten und natürlich zwei Hauptgerichten vom Heckrind: Tafelspitz und Gulasch mit passenden Beilagen, außerdem Nachspeisen und Getränke vorbereitet. Glücklicherweise hatten alle wie empfohlen warme, wetterfeste Kleidung, so dass dem Genuss trotz feuchter kühler Witterung nichts im Wege stand. Natürlich war auch weiterhin Gelegenheit, mehr über das Projekt zu erfahren, direkt von Herrn Tilgner und aus den Informationsschriften des NABU. Erst mit fortschreitender Dämmerung löste sich die Runde auf.

Noch eine Anmerkung: Als das Gasthaus Piesert Ende des 16. Jahrhunderts erstmal als Brauerei mit Schankrecht erwähnt wurde, gab es noch viele Auerochsen in Europa und vermutlich hat das zu der Zeit niemand bemerkenswert gefunden, sie waren halt da, so wie heute viel Tiere noch da sind...

(Wolfgang Hack)

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