Im Schneckentempo: Rothenburg o.T.

Ein Stadtspaziergang zwischen Mühlen und Basteien

Von Hans-Werner Bunz

Die schönere Ankunft ist von Westen kommend im Tal der Tauber: den Ankömmling begrüßt Detwang mit seiner einstigen Dorfmühle, historischen Bürgerhäusern und der romanischen Kirche St. Peter und Paul mit einer Kreuzigungs-Retabel, die der Werkstatt Tilman Riemenschneider zugeschrieben wird.

Wer nicht der Neigung widerstehen kann, nun rasch hinauf – zu Fuß oder per Fahrzeug - nach Rothenburg zu wollen, sollte die Altstadt an der Nordwestspitze durch die Klingenbastei betreten (ein Parkplatz wartet daneben). Dieses beeindruckende Verteidigungsbauwerk mit seinen Kasematten wartet auch mit einer in die Wehranlagen integrierten Wehrkirche auf, der St. Wolfgangs-Kirche: Trutzig von außen mit Schießscharten, kunstvoll von innen mit spätgotischem Maßwerk und drei Altären des 15. Jahrhunderts. Im Schäfertanzkabinett wird der einstigen Bedeutung der Stadt im Wollhandel und der damit verbundenen Schäferei gehuldigt. Die Klingengasse hinauf zur geradezu riesig anmutenden St. Jacobs-Kirche, dabei eventuell eine kleine Abschweifung in die Judengasse wagend, die noch recht viel ihrer mittelalterlichen Bausubstanz erhalten hat, vertieft die Vorstellung damaligen Lebens.

Diese gotische Kirche, an der von 1311 bis 1485 gebaut wurde, ist seit 1544 protestantisch. Ihren Ostchor schmücken der wertvolle, spätgotische Zwölf-Boten-Altar von Friedrich Herlin und großartige Glasgemälde, deren Leuchtkraft besonders das Morgenlicht hervorhebt. Das Altar-Retabel „Das letzte Abendmahl“ im Westchor schnitzte Tilman Riemenschneider. Ebenfalls sein Werk ist das Retabel des Ludwig-von-Toulouse-Altars.

Jene, die Rothenburgs außergewöhnliche Mühlenlandschaft kennen lernen wollen, wandern zuerst rund drei Kilometer mal rechts, mal links entlang der sich windenden Tauber und treffen dabei auf 14 Mühlen. Bei vielen informieren Schilder über deren frühere Funktion, denn die meisten produzieren heute Strom, einige wurden gastliche Stätten oder Wohngebäude. Wer den Taubertalweg etwa einen halben Kilometer spaziert ist, kann den Fluss überqueren, um nach Umrundung des Burgfelsens die Weingärten der „Tauber-Riviera“ zu durchwandern und via Doppelbrücke die spätgotische Kirche mit ihrer Rokoko-Orgel des einstigen Fischerdorfes Kobolzell besuchen. Den Taubertalweg Weiterwandernde können das auch: nach der Lukasrödermühle die Doppelbrücke über- und unterquerend. Zur Oberstadt hinein führt die Kobolzeller Steige durch die dreigliedrige Kobolzeller-Torwehr. Wer sich oben dann nach rechts wendet, dem Spitalviertel zu mit seiner filmkulissenhaften Anmutung, bekommt eine Vorstellung über die Sozialgeschichte der Freien Reichsstadt. Aber auch ihrer Wehrhaftigkeit durch die fast schon monströse, militärisch raffinierte Anlage des Spitaltors ebenso wie durch die zivile, einst von 16 Pferden betriebene städtische Getreidemühle, die Roßmühle (heute Jugendherberge) in der Roßmühlgasse. Beim Rückweg gibt der Weg entlang der Stadtmauer bis zum Galgentor (heute Würzburger Tor), durch das früher die zum Tode Verurteilten hinaus geführt wurden, Einblicke in die Hinterhöfe und offeriert neue Sichtweisen auf die Stadt. Zugleich ist diese kaum einen Kilometer lange Strecke auch ein Lehrstück über mittelalterliche Verteidigungskunst: Neun Meter hoch ist die Mauer und neun Meter tief reicht sie in den Boden, um feindliches Untergraben zu verhindern.

Gut essen gehen in der Nähe:
Rothenburg o.T.: Villa Mittermeier*, Vorm Würzburger Tor 9

Gut einkaufen beim nahen Erzeuger:
Rothenburg o.T.: Villa Mittermeier*, Tauberhase-Produkte

*) mit Slow Food verbunden

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